Der alte Großvater
Es
war einmal ein Großvater, der schon sehr, sehr alt war. Seine Beine
gehorchten ihm nicht mehr, die Augen sahen schlecht, die Ohren hörten
nicht mehr viel und Zähne hatte er auch keine mehr.
Wenn
er aß, floss dem alten Mann die Suppe aus dem Mund. Der Sohn und die
Schwiegertochter ließen ihn deshalb nicht mehr am Tisch essen, sondern
brachten ihm sein Essen hinter den Ofen, wo er in seiner Ecke saß.
Eines
Tages, als man ihm die Suppe in einer Schale hingetragen hatte, ließ er
die Schale fallen und sie zerbrach. Die Schwiegertochter machte dem
Greis Vorwürfe, dass er ihnen im Haus alles beschädige und das Geschirr
zerschlage, und sagte, dass sie ihm von jetzt an das Essen in einem
Holzschüsselchen geben werde. Der Greis seufzte nur und sagte nichts.
Als
der Mann und die Frau einige Tage später zu Hause beisammen saßen,
sahen sie, dass ihr Söhnchen auf dem Fußboden mit kleinen Brettern
spielte und etwas zimmerte.
Der
Vater fragte ihn: 'Was soll das denn werden, Mischa?' Und Mischa
antwortete: 'Das soll ein Holzschüsselchen werden, Väterchen. Daraus
werde ich dir und der Mutter zu essen geben, wenn Ihr alt geworden
seid.'
Der
Mann und die Frau sahen sich an und weinten. Ihnen wurde plötzlich
bewusst, wie sehr sie den Greis gekränkt hatten und sie schämten sich.
Fortan ließen sie ihn wieder am Tisch sitzen und waren freundlich zu
ihm.
nach Lev Tolstoi